Vorwort von Rolf Lyssy

Lange bevor wir uns persönlich begegnet sind, haben mich die Zeichnungen von Peter Hürzeler köstlich amüsiert. Wenn mir eine «Schweizer Illustrierte» in die Hände kam, blätterte ich jeweils als Erstes auf die Seite mit dem obligaten «Willi»-Cartoon. Mit sicherem Strich gezeichneter Humor vom Feinsten, dazu wenige treffende Worte. Jetzt sind sie in einem Buch zusammengefasst. Endlich! 43 Jahre Tellspiele auf Papier! Ein wahres Cartoon-Feuerwerk!

Das muss einem ja erst mal gelingen: über mehrere Jahrzehnte Cartoons zeich- nen und texten, die entweder einen aktuellen Bezug zu gesellschaftlichen Ereignissen oder zeitlosen Themen beinhalten, die immer zu einer überraschenden Pointe füh- ren. Wort und Bild stehen jeweils in einem spannungsvollen Bezug zueinander. Manch- mal liegt der Akzent der Komik in der gezeichneten Szene, dann wieder verblüfft den Betrachter das Geschriebene, sei es ein schräger Kommentar, eine lapidare Erklä- rung oder ein hintersinniger Dialog.

Nun handelt es sich bei Willi nicht einfach um eine beliebige Figur aus dem helvetischen Alltag. Willi ist kein Geringerer als unser bestandener, bärtiger Nationalheld Wilhelm Tell. Im Schlepptau Sohn Walter. Was die beiden in den letzten vier Jahrzehnten zusammen erlebten, wie sie sich gegen die je nachdem freundlich oder feindlich gesinnte Umwelt behaupten müssen, ist grosse Cartoon-Kunst. Und die be- herrscht Hürzeler meisterhaft. Sein Einfallsreichtum scheint unerschöpflich zu sein, und ich wundere mich immer wieder von Neuem, wie unser Hirn ein Feuerwerk der Fantasie entzünden kann. Besonders dann, wenn die Komik dabei eine entscheidende Rolle spielt. Das Lachen beruht ja auf einem kognitiven Reflex, der nur dann funktioniert, wenn das Gesehene oder Gelesene beim Betrachter und Leser ein leises Schmunzeln oder lautes Lachen auslöst. Das gelingt Hürzeler mit seinen «Willi»-Geschichten durchgehend.

Hürzeler kämpft nicht mit dem Zweihänder, er führt im Spannungsfeld zwischen Wort und Bild eine ausgesprochen feine Klinge, bricht konventionelle, gesellschaftliche Vorurteile mit doppelbödiger, unmissverständlicher Ironie, wenn nötig auch mit

bissigem Sarkasmus, aber nie verletzend oder plakativ. Es ist die Schnittstelle zwischen Komik und Tragik, auf der seine Geschichten balancieren. Das bestimmt im Wesentlichen die Qualität seiner Arbeiten. Er hat ein untrügliches Gefühl für Rhythmus und Timing. Einmal ist alles in einem Cartoon dargestellt, dann wieder sind es auf drei Felder beschränkte Bild- und Textfolgen, die höchst präzise mit einer befreienden Pointe abgeschlossen werden.

Ein witziges Beispiel aus den 213 Cartoons will ich hier herauspflücken. Zu sehen ist Willi, der in der rechten Hand die Armbrust, in der andern einen von einem Pfeil durchbohrten halben Apfel hält und meint: «Kernenergie ja, aber lieber aus Obst- als aus Atomkernen!» Bissiger und doppelbödiger kann man sich in dieser Kürze zur aktuellen Problematik der Energieversorgung wohl kaum äussern.

Wie heisst es so schön im Volksmund: «Lachen ist die beste Medizin». So gesehen hat die Lektüre dieses Buches voller Heiterkeit eine ausgesprochen therapeutische Wirkung. Denn gesund bleibt man in der Tat, wenn man sich immer wieder mal wieder so richtig kranklachen kann. Ich bin absolut überzeugt, dass die Heilungskosten massiv gesenkt werden könnten, wenn die Krankenkassen dieses Buch als Pflichtlektüre an ihre gesunden Mitglieder und, um den Genesungsprozess zu beschleunigen, auch an Ärzte und Spitäler abgeben würden. Das wäre doch zweifellos ein Beispiel höchst effizient praktizierter Gesundheitsprophylaxe. Notabene zum Preis eines Buches.

Liebe Leserinnen, liebe Leser, lassen Sie sich durch Hürzelers virtuose Kunst entspannt in Willis Welt im Lande der Helvetier entführen, und geniessen Sie die nachgerade unerschöpfliche Vielfalt seiner Erlebnisse. Ich verspreche Ihnen, Sie werden es nicht bereuen und am Ende gestärkt in Ihrem geistigen und seelischen Wohlbefinden das Buch zur Seite legen.

Rolf Lyssy